Ich habe von meiner Mutter gelernt, dass man Lebensmittel nicht wegwirft. Bevor etwas schlecht wird heißt es: essen.
Sie sagte immer: ,,Wir schmeissen Lebensmittel weg und irgendwo auf der Welt verhungern Kinder”. Ein Vergleich, den ich nie verstanden habe (was bringt es den Kindern die verhungern wenn wir Essen nicht wegwerfen?), aber meine Mama kam aus einer anderen Zeit, aus einem anderen Land – wo es einem nicht so gut ging wie hier in Österreich zu meiner Kindheit. Vielleicht hat sie mit dem Ausspruch immer an sich selbst oder ihre Geschwister gedacht – wer weiß.
Auch wenn ich diesen Vergleich nie verwende, bin ich der Meinung, dass man Lebensmittel nicht wegwerfen soll. Nicht wenn sie noch essbar sind. Nicht wenn sie nicht verschimmelt oder schlecht sind. Auch nicht wenn drauf steht: Ablaufdatum 15.4. und es ist der 16.4.
Geschockt und verwirrt ging ich aus dem Supermarkt, grüßte nochmals den netten Augustinverkäufer der immer vor der Ladentür steht und ging nach Hause. Wut schäumte in mir auf. Warum werfen die Bananen weg? Warum verschenken sie die nicht? WARUM LANDET ESSEN IM MIST?
Kaum zu Hause angekommen packte ich nochmals meine sieben Sachen zusammen und ging zurück – ich musste herausfinden warum die Bananen im Mistkübel sind.
Ich wandte mich an eine Mitarbeiterin – sie weiß nicht warum die Bananen im Müll sind, aber sie kann nachfragen.
Zwei Minuten später kam sie wieder: ,,Die sind aufgerissen und deshalb dürfen wir sie nicht mehr verkaufen – außerdem kauft sie niemand mehr, wenn sie aufgerissen sind.”
,,Ok, verstehe – auch nicht zum halben Preis?”
,,Nein, seit neuestem haben wir die Anordnung, dass wir solche Ware nicht mehr verbilligt anbieten dürfen.”
,,Ok, und könnten Sie die dann verschenken? Aus solchen Bananen lässt sich so toll Bananeneis machen, ich weiß das klingt jetzt blöd, aber…”
,,Verschenken dürfen wir hier eigentlich nichts, leider.”
,,Schade.”
,,Ich find’ das auch schade, weil, was wir hier alles so wegschmeissen…”
,,Ich zum Beispiel würd’ solche Bananen nehmen, reif sind sie am besten.”
,,Leider, aber ich kann meinen Chef fragen.”
Gesagt, getan. Der Chef kam, sehr freundlich, sehr kompetent wirkend.
Sie dürfen nichts verschenken und auch nicht zum halben Preis anbieten – so sind nun mal die Regeln. Er selbst findet es auch schade – die Mitarbeiterin stand daneben und nickte zustimmend – aber leider ist es so.
Aber zwei bis dreimal die Woche kommt eine Caritasfirma und holt nicht verkaufte, abgelaufene Ware ab. Gratis – versteht sich.
,,Immerhin etwas, so wird zumindest nicht alles weggeworfen.”
,,Ja, wie gesagt, ab und zu kommen sie und nehmen dann alles mit was wir nicht mehr verkaufen können, Obst, Jogurt, was auch immer, aber leider nicht jeden Tag.”
,,Schade, Sie denken sich jetzt bestimmt Ihren Teil, aber ich finde es immer so schade, wenn ich sehe, dass Lebensmittel weggeworfen werden.”
,,Ja, das verstehe ich, aber wie gesagt, verschenken darf man nichts, leider.”
,,Verstehe.”
Immerhin kommen Wohltätigkeitsfirmen und holen ab und zu etwas ab. Die Mitarbeiter waren so freundlich mir bei meinen komischen Anfragen Rede und Antwort zu stehen, dass ich Ihnen am liebsten einen goldenen Stern verleihen würde (auch wenn sie die Geschichte von der Komischen die gefragt hat ob sie die Bananen aus dem Mistkübel geschenkt bekommt sich heute Abend beim Essen lachend erzählen werden – ich kann ihnen das nicht verübeln).
Aber wir kommt es, dass man in Österreich Lebensmittel wegwerfen aber nicht verschenken darf (außer an die Caritas und co.)?
Wie kommt es, dass aufgesprungene Bananen im Müll wandern, weil sie keiner mehr kaufen möchte?
Es ist erschreckend und frustrierend. Ich bin geschockt und mir dreht’s immer noch den Magen, wenn ich an das Bild von den Bananen im Mistkübel denke. Wann werden die Menschen endlich verstehen, dass Lebensmittel kostbar sind? Wann werden sie endlich ihren Wert zu schätzen wissen? Sind wir wirklich so engstirnig und beschränkt, dass wir nicht verstehen – dass Österreich nicht versteht und sieht – wie verschwenderisch wir sind? Wie wir die Erde ausnehmen und die Menschen die darauf leben gleich mit? Ich weiß wann ich dramatisch bin, aber jetzt gerade bin ich es nicht. Es ist absurd. Es ist verwerflich. Es ist zum schämen und zum bedauern. Bananen im Müll – so kann’s nicht weiter gehen.
PS: Als mir die nette Mitarbeiterin erklärte, dass aufgesprungene Bananen nicht mehr verkauft werden können weil sie niemand will, glaubte ich ihr nicht so ganz. Aber als ich auf den ,,Chef” gewartet habe, hat neben mir eine ältere Dame unreife Bananen gewogen, zog das Pickerl aus der Maschine, wollte es gerade aufkleben und sah, dass da eine Banane aufgerissen war. Sie schüttelte ungläubig den Kopf und legte die Bananen sofort zurück an ihren Platz und nahm sich Neue.