Im Grunde ist jeder positiv auf das Thema zu sprechen. Nun gut, Zero Waste ist nicht Jedermanns Sache, aber das stört mich nicht. Jeder hat die Freiheit sein Leben selbst zu bestimmen – logisch.
Was mich dann ärgert ist, wenn mein Leben für mich bestimmt wird.
Der ORF war die letzten zwei Tage mit mir unterwegs und es wurde gefilmt. Das Thema war Zero Waste, also wie man es schafft auf Verpackungen zu verzichten-wo man wie, was und wann einkauft, welche Alternativen es gibt und wie sich so ein Zero Waste Leben generell bestreiten lässt.
Zero Waste ist im Moment ja immer mehr am kommen – super! Nachdem die letzte Szene gefilmt wurde und wir uns verabschiedeten, entschied ich mich mir beim Bäcker noch ein Weckerl zu holen. Kein Problem. Ich hab immer meine kleinen Stoffsackerl dabei und mir wurde der Wunsch, das Gekaufte doch bitte in mein eigenes Sackerl zu geben noch nie abgeschlagen, also wieso sollte es heute anders sein? Ich ging also in die nächste Bäckerei (der Hunger war schon groß) und bestellte ein Weckerl.
Der Nebensatz “Aber bitte gleich in mein Sackerl hinein!” kam im gleichen Atemzug und schon lag das Sackerl auf dem Tresen.
“Kein problem” wurde mir zur Antwort gegeben – und da hab ich es auch schon rascheln gehört. So schnell konnte ich gar nicht schaun war das Weckerl (das vor einer Sekunde ganz verpackungslos im Fenster lag) mit einer Stoffserviette versehen in ein beschichtetes Papier gepackt. Nun gut dachte ich mir, das lief ja nicht gerade so wie geplant. Aber es hörte nicht auf. Kaum war das Papier um mein Essen geschlagen wurde es auch noch ruck zuck im selben Handgriff in ein Papiersackerl gesteckt. Dann erst gab es mir die Verkäuferin in mein eigenes Sackerl und lächelte mich freundlich an.
Im ersten Moment sah ich das Sackerl und sie aber doch etwas entmutigt und bestimmt auch schockiert an. Papierserviette, beschichtetes Papier, Papiersackerl UND Stoffsackerl – das war doch wirklich zu viel und in meinen Augen komplett absurd. Es ist doch nur ein Weckerl das ich in der nächsten Zeit essen werde, warum braucht es so viel Verpackung. Und warum sollte ich sagen, dass sie es bitte gleich in mein Sackerl geben soll, wenn ich es dann ohnehin erst drei Schritte später mit übermäßiger Verpackung in mein kleines Stoffsackerl gesteckt bekomme.
”Das hätten sie aber eh gleich in mein eigenes Sackerl geben können.”
”Ach, ich dachte, einmal mehr verpackt ist doch besser!”
Und das war dann der Moment wo ich aus allen Wolken fiel und meine Zero Waste Blase platzte.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der einmal mehr verpackt anscheinend wirklich als das Bessere betrachtet wird. Einmal mehr verpackt bedeutet für die meisten Leute nämlich leider nicht weniger Müll sondern eher mehr Sicherheit, mehr Qualität, mehr Bemühen. Einmal mehr verpackt bedeutet, dass ein Produkt robuster gegen die Einwirkungen von aussen ist. Es ist länger haltbar, sicherer verschlossen, die Taschen, Sackerl und Rucksäcke sind vor den möglichen ”Gefahren” eines belegten Weckerls geschützt. Einmal mehr verpackt ist doch besser, weil es uns das Leben leichter macht. Klar doch, oder?
Nein. Einmal mehr verpackt bedeutet für mich etwas ganz anderes, nämlich: einmal mehr Müll und einmal mehr Ressourcenverschwendung.
Ich halte der netten Verkäuferin nichts vor. Sie war bemüht, wollte mir den besten Service bieten und mich vor einem patzigen Weckerl schützen – nur dass ich diesen Schutz nicht nötig habe und mich ein patziges Weckerl nicht stört.
Ich finde es erschreckend, wie leichtfertig mit unseren Ressourcen umgegangen wird, dass ein einziges Weckerl drei Verpackungsschritte braucht ist in meinen Augen vollkommen unnötig und verrückt.
Wann sind wir diesem Verpackungswahn verfallen? Warum braucht alles und jeder eine geeignete Verpackung, Schachtel, Dose, Folie? Warum müssen Orangen, Zitronen, Avocados, Äpfel, Bananen, Paprika in eine extra Verpackung eingeschweißt werden, wo die Natur ihnen allen doch eine perfekte und robuste eigene Verpackung gegeben hat? Warum brauche ich die Semmeln abgezählt im Plastiksackerl wenn ich sie mir frisch beim Bäcker holen kann? Warum ist unsere Gesellschaft denn bloß so ”verpackungsgeil”? Zu einem großen Teil bestimmt, weil wir es nicht besser wissen. Wir kennen es nicht anders. Verpackungen gibt es eben. Alles ist verpackt, muss verpackt sein. Es geht schneller, es ist einfacher, leichter, spontaner. Man muss seinen Einkauf nicht planen, denn es ist alles abgepackt und griffbereit – ready to go. Wir haben zu wenig Zeit und immer wichtigeres zu tun als uns um das zu sorgen was das Wichtigste ist: unser Planet und unsere Gesundheit.
Deshalb möchte ich den Satz der freundlichen Verkäuferin ändern
8 comments
Danke für die Zeit die du dir genommen hast uns zu schreiben. Ich finde, das Wichtigste ist, dass jeder seinen Teil tut. Wie groß oder klein er auch sein mag – jeder kann ETWAS tun. Uns macht es einfach Spaß verpackungsfrei zu leben – aber wir erwarten auf keinen Fall von anderen Leuten dass sie sich auch für diese Lebensweise entscheiden. Aber schon allein ein eigenen Sackerl zum Einkaufen mitzunehmen oder seine Wasserflasche nachhaltig zu besorgen und wiederzubefüllen macht einen Unterschied.
Du hast recht, manche Problematiken spreche ich nicht deutlich an, einerseits weil es sehr heikle Themen sind über die ich lieber privat spreche und andererseits weil es natürlich-wie du schon geschrieben hast, etwas sehr persönliches ist und immer auf die Lebensumstände ankommt in denen man sich befindet (und auch weil meine Liste worüber ich gern schreiben möchte noch so lang ist und die Punkte noch nicht drangekommen sind ;))
Ich freu mich, dass dir unser Blog gefällt und freue mich dich hier öfter zu ''sehen''.
Alles Liebe,
Annemarie
Normalerweise habe ich NIE ein Problem bei anderen Bäckern, das war wirklich eine Ausnahme, weshalb ich wohl auch so verblüfft war/bin.
Aber ich verstehe dass, wenn man schon öfter negative Erfahrungen gemacht hat man der Sache irgendwann müde wird. Gut, dass du eine andere Möglichkeit gefunden hast, dein Brot verpackungsfrei zu bekommen 🙂
hallo anne,
ich war früher sehr (schleches)gewissenhaft. habe meine kleidung getrangen, bis sie eigentlich schon völlig ausgebleicht und löchrig war, habe müll getrennt, wo nur geht, nach bioprodukten gesucht, als es noch kaum welche in der nähe gab, dann immer mehr aus dem eigenen garten herausgeholt, stunden mit dem herstellen alternativer kosmetikprodukte verbracht, etc. etc. erst war ich immer wieder von erfolgserlebnissen beflügelt, da ich merkte, wie viele möglichkeiten man hat, müll zu vermeiden, treibhausgase zu reduzieren, biodiversität zu fördern. aber mit der zeit hat mich das streben nach dem möglichst kleinen negativen impact, den mein leben hinterlässt, vereinnahmt und erschöpft. es war nie genug. und dann wuchs auch noch meine abneigung dagegen, dass andere nicht dieses bewusstsein und streben haben. was wiederum zu einer art wut gegen die menschen in meinem umfeld geführt hat. und eine abneigung gegen mich selbst. weil ich nie mit mir zufrieden sein konnte. und mich gleichzeitig so gnadenlos wie ein drillsergeant behandelt habe. weil ich menschen, die ich zwar für so viele dinge liebte, gleichzeitig verabscheut habe für das, was ich als absichtliche ignoranz gegenüber der umwelt empfand.
irgendwann mochte ich nicht mehr. mit meinem bemühen nach einer besseren welt war auch ein weltekel gewachsen. und ich habe beschlossen, wenn ich wieder in irgendeiner form freude empfinden will, dann muss ich es annehmen, dass ich spuren hinterlasse und in eine welt geboren wurde, die sich nicht innerhalb eines menschenlebens zu meiner traumvorstellung ändern wird. ich habe nach einer utupie gestrebt, die mich in wahrheit sogar noch mehr von dem utopischen zustand entfernt hat. und mich zu einem unglücklichen menschen gemacht hat.
mittlerweile bin ich viel gelassener und habe meine ansprüche herabgeschraubt. weil ich mir zwar veränderung im großen wünsche, aber nicht daran glaube, finde ich mich mit kleinen dingen ab und nehme viele dinge auch nicht mehr so übel. ich trage wieder einen größeren teil zum müllberg bei, als noch vor 10jahren. und er ist wesentlich mehr, als das, was in deinem glas drinnen ist. (und bestimmt deutlich weniger als der durchschnitt eines/r österreichischen normaleverbraucherIn.)
mittlerweile habe ich auch finanziell nicht mehr den rückhalt und auch viel weniger zeit neben familien- und lohnarbeit. bei vielen konsumentscheidungen ist der aktuelle inhalt meiner geldbörse entscheidender als das früher der fall war. und bei der wahl "selber machen oder einkaufen" gibt mittlerweile oft die mangelnde zeit den ton an.
manche problematiken im zusammenhang mit müllerzeugung werden aus deiner sicht nicht deutlich angesprochen (finanzielles, wirtschaftliches, etc.) aber das ist ja auch klar – jede/r lebt mit den eigenen gegebenheiten.
dennoch finde ich es gut, dass leute wie du das bewusstsein anderer (auch meines) für müllvermeidung wecken.
ich freue mich auf weitere blog-einträge.
liebe grüße!
Ich habe das selbe Problem beim Ströck. Ging da täglich in der Früh rein und hab mein Weckerl geholt – ein "trockenes" Roggenweckerl ohne was.. und jeden Morgen sag ich, ohne Verpackung bitte, ohne Serviette bitte.. und jeden Morgen bekam ich entweder eine Serviette, eine ganze Verpackung oder ein Augenrollen (von unterschiedlichen Angestellten). Ich habs dann aufgegeben und eine Mail an Ströck geschrieben… als Antwort kam das sie das Thema "Verpackungsmüllvermeidung" SEHR ernst nehmen und gerne wissen würden in welcher Filiale das war. Ich habe Ihnen dann gesagt das ich hier keine Mitarbeiter anschwärzen will aber hoffe das sie es in Betracht ziehen diese zu schulen und auf dieses Thema zu sensibilisieren. Das war mein letzter Kontakt zu Ströck oder irgend einer anderen Bedienungsbäckerei. Ich kaufe mein Gebäck seither nur noch von der Hofer BackBox, da kann ich nämlich selbst entscheiden und das Brot einfach in die Hand nehmen und gehen – diese Diskussionen sind mir zu mühsam.
Grüß dich Maria,
ich hatte bis zu diesem Ereignis wirklich noch NIE ein Problem beim Bäcker die Ware in mein eigenes Sackerl zu bekommen. Ich wurde zwar schon des öfteren etwas schief angeschaut und es wurde immer wieder nachgefragt ob ich es wirklich gleich in mein Sackerl will aber sowas wie ich es hier beschrieben habe ist mir noch nie passiert. Von zu Hause mitzunehmen ist natürlich trotzdem besser – und unverpackt sowieso.
Danke für deinen Kommentar!
Alles Liebe,
A.M.
Danke für deine Rückmeldung Pam, ich freue mich, dass es dir gefallen hat! Es ist wirklich so schön zu sehen dass man nicht alleine ist mit dem Vorhaben, die Welt ein bisschen besser zu machen 🙂 Ich freu mich darauf dich hier öfter Willkommen zu heißen.
Alles Liebe
Hallo!
Das Problem mit den Weckerln unterwegs kenne ich auch. Deshalb kaufe ich unterwegs kaum noch etwas ein, weil es einfach fast chancenlos ist, etwas ohne Verpackungsmüll zu bekommen.
Und ich stimme zu – unverpackt ist auf jeden Fall besser!
lg
Maria
Ich habe deinen Artikel soo genossen, du hast mir wirklich aus dem Seele gesprochen. Und der letzte Satz erinnert mich an Wangari Maathai! Das ist sehr angenehm. 🙂 Und angenehm ist es auch immer, wenn man wiederentdeckt, dass es auch solche Leute in dieser Gesellschaft gibt, die unsere Abhängigkeit von der Erde wahrnehmen und sich dementsprechend verhalten. Ich werde dich sicher weiterlesen! 🙂