Samstag Morgen, das Glückskind und ich noch im Pyjama mit zerzausten Haaren und ohne Hausschuhe. Es läutet und ich eile zur Tür – denn das BioRadl kommt mir meinen Online bestellten Einkauf bringen.
Was? Online nach Lebensmitteln shoppen? Das ist ja nicht gerade Nachhaltig und Zero Waste schon gar nicht. Tja-falsch gedacht! Denn das BioRadl bringt nicht nur Bioqualität sondern diese auch noch so unverpackt wie möglich. Aber jetzt erstmal ganz von Anfang.
In einer halb durchgemachten Nacht (denn das Glückskind hat leider ab und zu einen sehr unruhigen und ich immer einen sehr leichten Schlaf) konnte ich nicht mehr einschlafen und habe mich so ans Arbeiten gemacht. Ganz durch Zufall bin ich auf das BioRadl aufmerksam geworden – und nach kurzer Recherche war ich sofort Feuer und Flamme. Ich liebe es auf meinen Markt zu gehen und mich durch die frischen Obst- und Gemüsesorten zu probieren, den Käse zu kosten und mit der Traubensaftverkäuferin zu plaudern, nehme gerne meine eigenen Sackerl mit und freue mich immer noch darüber, dass alles in meine Beutel und Dosen eingefüllt wird. Die Glasware (also Joghurt und co.) und den Sack Kartoffeln nach Hause zu transportieren ist aber leider seitdem unser Glückskind da ist etwas schwieriger geworden, und so ist der Markteinkauf jetzt nicht mehr nur noch schön, sondern auch etwas mühsam. Aber: Rettung ist in Sicht! Denn das BioRadl radelt den Markt zu dir, wenn du mal nicht zum Markt kannst.
Hinter dem BioRadl stecken drei Studenten mit der Liebe zum Radfahren und zur Bioware. Als Nebenjob arbeiten die drei an einem Marktstand am Brunnenmarkt – und irgendwann hatten sie die tolle Idee: Wenn die Leute mal nicht zum Markt kommen können, dann bringen wir den Markt eben zu ihnen! So kann man online die Lebensmittel bestellen die man gerne hätte – ohne das Haus zu verlassen oder schwere Einkaufstaschen zu tragen. Ideal wenn der Einkauf mal größer ist, der Freund/Mann/starker Mitbewohner eine Fortbildung hat oder man vielleicht etwas erkältet lieber nicht die Wohnung verlassen möchte…
…und das passiert so CO2 neutral wie möglich: mit dem Fahrrad! Was? JA!
Aufgewachsen sind Arno, Julian und Paul im gleichen Haus in Wien – sie kennen sich also schon ihr Leben lang. Das Radl ist das Transportmittel ihrer Wahl uns so legen sie ihre Wege auf ihren Fahrrädern zurück. Geradelt wird immer, auch im Winter – und Samstags eben mit dem BioRadl. Derzeit radelt nur Arno, die anderen zwei sind zeitgleich am Marktstandl. Begonnen wird der Tag aber trotzdem gemeinsam, nämlich bei einem gemeinsamen Kaffee am Markt, wo auch das Radl verladen wird bevor die Tour durch Wien beginnt. Daher im Moment nur ein Lastenradl vorhanden ist, ist das Liefergebiet auf die Bezirke 1-9 begrenzt. Auf Anfrage schaun die Jungs aber, was sie tun können!
Nicht nur Zero Waste, sondern auch Zero FOOD Waste
Verschwendung ist den Jungs ein Dorn im Auge, also werden Lebensmittel exakt bestellt um so wenig Überschuss wie möglich zu haben. Dabei kann es manchmal zu Engpässen kommen, aber das ist immer noch besser als Lebensmittel wegzuwerfen – was auch falls nicht alles verkauft wird nicht passiert, denn: die nicht verbrauchten Lebensmittel werden gespendet oder weiterverarbeitet. Aber nicht nur Lebensmittel werden mit Achtsamkeit gebraucht, Verpackungen werden genauso eingespart und wiederverwendet so oft es geht. Wie? Die Milch und das Joghurt kommen im Pfandglas, Das Obst und Gemüse im Papiersack den sie wieder mitnehmen und nochmal verwenden. Es besteht aber auch die Möglichkeit ein ,,KISTL” zu bestellen, das als Abo entweder jede Woche oder alle zwei Wochen in einem Stoffsack kommt. Auch über leere Eierkartons freuen sich die Studenten, denn diese werden dem Bauern zurückgebracht und so oft wie möglich wiederbefüllt. Natürlich kann bei einer Lieferung nicht alles ohne Verpackung kommen, aber auch bei Wurst, Käse und Fleisch wird auf Nachhaltigkeit geachtet und nur Butterpapier verwendet. Großartig, oder?
Das BioRadl kommt nur einmal die Woche und bringt nur regionales und saisonales – und das ist gut so!
Entschleunigung ist das Stichwort. Gut Ding braucht Weile und so ist es den BioRadlern ein Anliegen, dass die ProduzentInnen genug Zeit haben ,,um ihren Produkten die nötige Zuwendung und Hingabe zu bieten”. Qualität kommt auf jeden Fall vor Quantität, und diese Qualität kommt von Kleinbauern/innen in der Umgebung. So kommt es auch nicht vor, dass Bio-Erdbeeren aus Spanien, Bio-Weintrauben aus Italien und die Bio-Feldgurke aus den Niederlanden im BioRadl geliefert werden, denn so etwas gibt es da erst gar nicht. Wir sind es leider gewohnt alles und immer kaufen zu können. Das damit unnötig CO2 ausgestoßen wird ist uns oft nicht bewusst. Die Jungs wollen aber gerne Bewusstsein schaffen und verzichten deshalb absichtlich auf Importware. So werden lokale Betriebe unterstützt und der CO2 Ausstoß verringert.
Nachhaltig mit Leidenschaft
Das BioRadl fasst so gut meine Leidenschaften (Radln, Nachhaltigkeit, gutes Essen und menschlicher Kontakt) zusammen und ich finde mich in vielem, dass sie auf ihrer Homepage erwähnen, wieder. Was man sofort merkt wenn man am Samstag morgen die Lieferung ins Haus bekommt ist die Leidenschaft die dahinter steckt. Mir fehlt bei Startups oder Firmengründungen immer wieder der persönliche Bezug zur Sache und oft kommt es einem so vor, als wäre der Erfolg und das Geld die einzige Motivation. Auch wenn Erfolg eine feine und wichtige Sache ist, so kann dieser nur kommen, wenn man von dem was man tut überzeugt ist – und das Gefühl habe ich bei den BioRadlern auf jeden Fall. Also schaut mal vorbei (Yppenplatz am Brunnenmarkt) oder lasst sie vorbei kommen und seht selbst!
Ich bin wirklich begeistert von der Idee und hoffe, ihr habt einen guten kleinen Überblick bekommen können. Mehr Infos findet ihr auf ihrer Internetseite. Stöbert ein bisschen, es gibt noch so viel mehr Interessantes und Wissenswertes.
Eure,
A.M.
Links: www.bioradl.at; www.arge-rosenauerwald.at
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