Als ich vor mittlerweile 4 Jahren begonnen habe, mich auf unser erstes Baby vorzubereiten, da stand für mich eines ganz ausser Frage: Wir brauchen einen Kinderwagen. Natürlich Second Hand aber dennoch – es musste einer her.
Unser Glückskind hat mich dann eines besseren belehrt, da der kleine Mann ausschließlich getragen werden wollte. Seine Schwester tat es ihm bis zu ihrem 1. Geburtstag gleich, und so habe ich in den mittlerweile fast 3 Jahren einige Stunden, ach was, Tage, Wochen…MONATE mit dem Baby- und Kleinkindtragen verbracht.
Vorteile
Ich finde das Babytragen hat (vor allem am Anfang) so ungemein viele Vorteile, und ich trug unser Glückskind bis er 6 Monate alt war und unser Goldkind bis sie 12 Monate alt war ausschließlich. Warum? Naja, einerseits, weil wir weder Lift noch eine Abstellmöglichkeit im Haus haben und ich somit täglich den Kinderwagen rauf und runterschleppen müsste (und ich muss zugeben, dadurch hat meine Vorliebe für das Tragen auch begonnen) aber mittlerweile würde ich es gegen keinen Kinderwagen mehr eintauschen wollen und andererseits, weil es einfach unglaublich praktisch ist – ob nun Lift im Haus oder nicht. Hier die vielen Vorteile, die ich im Babytragen entdeckt habe:
Man ist schneller
Zumindest in der Stadt trifft das zu. Wer kennt es denn nicht? Der Lift ist voll, funktioniert erst gar nicht oder ist am anderen Ende der Station. Wie viel länger man braucht, nur weil man Aufzüge anstatt Rolltreppen und Stiegen nehmen muss. Das gleiche mit der Straßen- oder S-Bahn. Nun gut, in Letzteres kann man natürlich dennoch einsteigen, aber Spaß macht das absolut keinen. Vor allem auf Reisen war uns das Tragen immer ein besonderer Vorteil, hier ist mein Mann mit unserer Kraxen unterwegs, mehr dazu später.
Man hat sein Baby nahe bei sich
Klar, is logisch, wenn ichs an meinen Körper gebunden habe. Aber gerade das ist ja das Tolle daran.
Ich meine, wir Mütter tragen unser Baby neun Monate ständig mit uns herum, und dann plötzlich damit aufhören? Natürlich ist es fein, wenn man wieder ein paar Kilogramm leichter ist und das Baby auch mal ablegen kann, aber ich finde es so beruhigend mein Baby weiterhin nah bei mir zu haben und zu spüren wie es ihm/ihr geht, und nicht erst in den Kinderwagen schauen zu müssen um mitzubekommen, dass es gerade eingeschlafen ist. Sein Kind atmen zu spüren, jede Regung mitzubekommen und gleich als Hunger, Unwohlsein oder Sonstiges deuten zu können ist für mich so unglaublich beruhigend und erleichtert mir den ohnehin stressigen Alltag ungemein. Ganz abgesehen davon, dass es gerade wenn man unterwegs ist und eventuell noch mehrere Kinder dabei hat die man nicht aus den Augen verlieren darf, sehr stressig wird, entschleunigt mich das Babytragen sehr. Ich wiege mich beim Tragen einfach in der Sicherheit, dass mein Baby bei mir ist und dass es ihm gut geht. Abgeschirmt von der Aussenwelt und grabschenden Händen, die ich sofort spüre sollten sie meinem Baby zu nahe kommen (und ja, ich musste leider selbst beim Tragen fremde Leute immer wieder darauf hinweisen, dass sie meine Babys bitte nicht angreifen sollen…).
Trage als Multipurpose
Wie oft ist man selbst in der Lage oder sieht Mütter, die mit einer Hand den Kinderwagen schieben und mit der anderen das Baby tragen, weil es eben doch nicht im Kinderwagen sitzen wollte (oder zumindest nicht die ganze Zeit)? Ist mir oft genug passiert, weshalb ich auch als der Kinderwagen langsam interessant wurde immer eine Trage mit dabei hatte – man weiß ja nie.
Und das Tolle daran: Man kann sogar in der Trage stillen. Das ist für mich immer noch ein absolutes Highlight und schon allein deshalb habe ich erst dann mit dem Tragen aufgehört, sobald meine Babys dazu bereit waren (oder der Rücken doch zu weh tat). Eine Trage ist die ideale Einschlaf- und Beruhigungshilfe, man hat die Hände frei um die Einkäufe in den Wagen zu legen oder das/die andere/n Kind/er an der Hand zu halten, kann am Spielplatz die Schaukel gut antauchen und weiß trotzdem: Mein Baby ist sicher und es geht ihm/ihr gut.
Verschiedene Tragehilfen
Ich habe im Laufe der Jahre und Kinder verschiedene Tragehilfen ausprobiert, und möchte euch hier jetzt meine jeweiligen Favoriten näherbringen. Mit einem bin ich leider nie ganz warm geworden: mit dem klassischen Tragetuch. Obwohl ich es bei so vielen tollen Frauen und Männern gesehen habe, gibt es (so finde ich) viele andere Tragehilfen, die ein wenig leichter zu handhaben sind. Aber bitte, lasst euch deshalb von mir nicht entmutigen, probiert es ruhig aus, vielleicht ist es für euch ja genau das Richtige!
Elastisches Tragetuch (WienerLabel)
Leider habe ich diese tolle Möglichkeit des Babytragens erst bei meiner Tochter entdeckt – aber ich war schockverliebt. Irrsinnig leicht zu binden passt sich das elastische Tragetuch perfekt deinem und dem Körper deines Babys an, was es unheimlich bequem zu tragen macht – fast wie eine zweite Haut. Ich habe das elastische Tragetuch in den ersten 3 Monaten ausschließlich verwendet. Das Baby ist so eng an den Körper geschmiegt – fast so als wäre es noch im Mutterleib. Der Kopf kann durch das Tuch ideal gestützt werden, weshalb man sich auch leicht und ohne bedenken frei bewegen kann – inklusive nach vorne beugen um mal eben etwas vom Boden aufzuheben. Man muss es nicht jedes Mal neu binden wenn man das Baby mal rausgenommen hat, und das Stillen ist darin auch kein Problem. Ich kann den Werner von WienerLabel (dotifair.com) nur wärmstens empfehlen, denn nicht nur dem Baby dem/der Tragenden tut dieses Tuch gut, nein, es ist auch noch fair hergestellt und besteht zu 97% aus Baumwolle (gewissen Farben zu 95%).
Mei Tai (Girasol)
Meine allererste Tragehilfe war eine Mei Tai. Nachdem unser Glückskind geboren war, fiel mir im Wochenbett schnell die Decke auf den Kopf und ich musste raus – zumindest um einmal um den Block zu spazieren. Nun war das mit Kinderwagen aber kein Spaß, und auch habe ich mich nicht wohl gefühlt, mein lang ersehntes Wunschkind abzulegen. Die Mei Tai von Girasol wurde uns von unserer Trageberaterin Laura empfohlen die wenige Tage nach der Geburt zu uns nach Hause kam um eine Beratung durchzuführen (was ich jeder/m nur wärmstens empfehlen kann). Wir durften die Trage dann testen und haben uns sehr schnell dazu entschlossen, gebraucht eine zu kaufen. Sie besteht aus Tragetuchstoff, ist also schön weich und fühlt sich sehr angenehm an. Man muss sie nur 2 mal binden, einmal um die Hüften (wobei es da auch die Möglichkeit einer Schnalle gibt) und einmal um die Schultern, am Rücken über Kreuz und dann vorne wieder zusammengeführt. Wir verwenden sie heute noch gerne!
Full Buckle (Buzzidil)
Oh, meine Buzzidil. Ich hab ja gar nicht gewusst wie praktisch eine Full Buckle ist, bis ich sie ausprobiert habe. An der Stelle möchte ich noch anmerken: eine Trage reicht im Normalfall, aber da ich so ein unglaublicher Fan vom Tragen bin bin ich sehr froh, dass ich die verschiedensten Tragen ausprobieren konnte und (für euch) testen konnte. Eine Trage die ich auf jeden Fall jedem Tragenden ans Herz legen kann ist die Full Buckle von Buzzidil (warum Buzzidil lest ihr weiter unten). Das tolle an der Full Buckle: es geht einfach mega schnell. Schneller kann es gar nicht gehen. Man hat 2 mal ,,klick” gemacht und das wars dann auch schon. Man kann das Kind leicht rein und raus nehmen, ohne nochmal etwas binden zu müssen, und kann die Trage sogar an der Hüfte angeschnallt und den Tragseil runterhängen lassen (geht z.B. bei der Mei Tai nicht, da sonst die Bänder am Boden schleifen). Aber das angenehmste Tragen ist das Rückentragen. Es fühlt sich wirklich an, als hätte man einfach einen Rucksack auf dem Rücken, nur dass anstatt gut verstautem Essen das Kind am Rücken sitzt – einfach herrlich. Mit ein bisschen Übung geht das Rückentragen übrigens mit jeder Trage, und ist ab 3 Monaten möglich, wobei ich meistens bis zum 6. Monat gewartet habe – denn da werden sie dann wirklich etwas schwerer und es ist angenehm das Gewicht auf dem Rücken zu haben, was ja auch viel natürlicher ist.
Und nun kurz zu Buzzidil. Buzzidil ist ein österreichisches Unternehmen das auf Regionalität, Fairness und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.
Regionalität: Die Stoffe werden aus der Türkei bezogen und sind selbstverständlich GOTS zertifiziert. All die Schließen, Kordelstopper und Gurtbänder vorwiegend aus Österreich, Deutschlandfunk Italien.
Fairness: Alle, die an der Produktion teilhaben, werden fair entlohnt haben selbstverständlich europäische Arbeitsbedingungen. Gewebt wird und Österreich und genäht in Wien, Tschechien und der Slowakei.
Nachhaltigkeit: Deine Buzzidil kommt in einem einfachen Karton, ohne Plastik – was deine Müllproduktion verringert. Aber nicht nur deine Müllproduktion, nein, denn Buzzidil hat selbst im den Lieferungen der Stoffe und Tragen eine Mehrweglösung gefunden: Sie haben große Stoffbeutel, in denen die Ware zu ihnen kommt. Die gleichen Stoffbeutel werden dann wieder zur Produktionsstätte zurückgeschickt – so entsteht ein (Verpackungs)Kreislauf und: überhaupt kein Müll.
Ring Sling (Hänschenklein)
Eine Ring Slang ist eine sehr praktische Tragehilfe. Einerseits sitzt das Baby mir nichts dir nichts drinnen und es gibt kein aufwendiges Binden, andererseits ist sie so dünn und leicht, dass sie gut in Taschen oder dem Kinderwagen zu verstauen ist. Ich habe sie gerne Zuhause verwendet, weil man immer noch eine Hand frei hat und das (möglicherweise quengelige, fiebernde Baby) schnell rein und raus heben kann. Auch für Unterwegs war sie mein Allrounder, vor allem, als meine Kinder zu laufen begonnen haben aber ab und an immer noch gern getragen wurden. Ohne sie ging ich lange Zeit nicht ausser Haus. Ich persönlich würde sie nicht als ausschließliche Trage verwenden wollen, weil man doch nur einen Arm frei hat und dadurch etwas limitiert ist. Auch ist der Tragekompfort für mich als Tragende nicht so groß, dass ich den ganzen Tag damit herumlaufen wollen würde. Aber für kurze Strecken und den Notfall finde ich sie nach wie vor herrlich!
Kraxe (Vaude)
Die Krallen hast du oben schon im Einsatz gesehen. Für mich persönlich war sie nie sehr angenehm zu tragen, aber mein Mann verwendet sie heute noch – und manchmal sitzen sogar beide Kinder darin. Mit dem integrierten Stauraum dient sie zeitgleich als Rucksack – was sehr praktisch ist, aber auch eine gewisse Stärke der Muskulatur braucht (die ich eindeutig nicht habe ;)). Gerade für Städtereisen oder auf Wanderungen ist sie aber auf jeden Fall gold Wert.
Tragemantel/jacke und Tragecover
Wenn es im Herbst langsam kühl wird und man im Winter den Mantel mit umgebundenen Baby nicht zubekommt wird man zwar anfangs mit decken und Schneeanzügen kreativ, aber gerade für die ganz kleinen reicht das oft nicht aus und sie frieren dennoch. Um auch bei kalten Temperaturen ohne Bedenken gut tragen zu können, gibt es aber zum Glück Hilfsmittel: einerseits der Tragemantel/die Tragejacke, andererseits das Tragecover.
Der Tragemantel/die Tragejacke hat den Vorteil, dass du das Kleidungsstück mit oder ohne Baby tragen kannst, da es meist einen Einsatz hat den du einfügen oder eben weglassen kannst. Der Nachteil: er kann, wenn man nicht gerade zufällig die gleiche Größe hat, nur von einer Person getragen werden.
Das Tragecover ist da universell einsetzbar und kann von Mama oder Papa, Onkel oder Tante genauso getragen werden wie von Oma oder Opa. Das Cover wird einfach an der Trage befestigt und schon kann es los gehen.
Alternativ gibt es noch einfache Einsätze für Jacken zu kaufen. Dabei muss nur beachtet werden, dass der Zipp-Verschluss passt.
Das entzückendste, das ich in meinem Leben gesehen habe ist aber sicherlich, wie mein Glückskind angefangen hat seine Puppen zu tragen, weil er beobachtet hat, wie ich seine Schwester jeden Tag umgebunden hab. Sogar die große Trage durfte er sich ab und zu ausborgen – sein stolz war groß.
Eure,
A.M.